Thomas Kinback gehört zur alten Skat-Garde. Doch die stirbt aus. Heutzutage zieht man sich die Trümpfe nicht mehr in der Kneipe aus der Tasche.

Abgedunkelte Hinterstuben, verrauchte Wirtsräume. Männer hocken verschwörerisch zusammen und sprechen von Flöten, schnippeln, gedrückten Luschen und einem gespaltenen Arsch. Unter Hirschgeweihen und Fußballwimpeln legen sie 32 Karten auf den Tisch. Sie wollen auftrumpfen, stechen und horten.

Thomas Kinback kennt das seit seiner Kindheit. Im Alter von sieben Jahren brachte ihm sein Großvater das Skatspiel bei. Schon mit 17 wurde er Clubmeister, im vergangenen Jahr wurde der 48-Jährige aus Heimersheim (Rheinland-Pfalz) erstmals deutscher Meister. Kinback spielt nicht nur selber, er gibt auch Seminare und schreibt Bücher über Skat.

Der Ursprung des Skatspielens liegt in Altenburg. Die Stadt in Thüringen wirbt mit ihrer Skat-Vergangenheit. Außerhalb Deutschlands hat sich der ab 1810 aus Tarok, L’Hombre und Wendischem Schafkopf entstandene Zeitvertreib jedoch nie durchgesetzt.

Der Denksport, den Kinback so leidenschaftlich ausübt, steht aber auch hierzulande vor einer ungewissen Zukunft. Zu Zeiten Konrad Adenauers trafen sich Tausende allwöchentlich zum Kneipenturnier.


 „Ich habe immer jut Skat gespielt.“

(Konrad Adenauer)


Nun sterben die Spieler weg. Im niedersächsischen Papenburg lösten sich nach 61 Jahren die „Fidelen Brüder“ wegen Überalterung auf – ausgezockt.

Als Tiefschlag erwies sich auch das Rauchverbot in der Gastronomie. Nun steckt das Spiel in der Krise. Der einst so stolze Deutsche Skatverband (DSkV) schrumpft und schrumpft. Zur Jahrtausendwende zählte der DSkV rund 37.000 Mitglieder – mittlerweile sind nur noch 21.000 übrig.

Zwar müht man sich um neue Mitglieder. Kinder können an über 50 Schulen das Skatdreschen in AGs lernen. Doch den meisten ist der Skat zu altbacken und kopflastig. Nach dem Mischen ergeben sich knapp 2,8 Billiarden mögliche Kartenverteilungen. DSkV-Präsident Peter Tripmaker nennt das Spiel „harten Denksport und Gehirntraining“. Vor so viel Rechnerei nehmen die meisten Kinder Reißaus.

Den wichtigsten Trend, den Internetskat, hat der Skatverband völlig verschlafen. Rund zwei Dutzend Anbieter werben mittlerweile mit Apps, Onlineturnieren oder Quickies per Handy für drei schnelle Spiele zur Entspannung.

Spielen mit Zeitlimit, Schieberramsch oder „Supraansagen“ wie Kontra, Re, Bock, Tischkante-Stuhl: Alles, was die strenge deutsche Skatordnung verbietet ist im Netz erlaubt. Bei „Euroskat“ kann man Geldbeträge setzen – bis zu fünf Cent pro Punkt.

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„Rund 300.000 Skatfans spielen schon im Internet, und es werden immer mehr“, sagt Jan Heppe, der die Plattform Skat-spielen.de betreibt. Zwar tummeln sich beim Computerskat auch etliche Betrüger. Ärgerlich auch: Frustrierte Onliner schmeißen viel schneller das Blatt hin und verlassen einfach die Runde.

Gleichwohl nimmt der Trend zum Netzskat weiter zu. Erst vor wenigen Wochen wurde vom Anbieter Skat-Arena die neue Turnierform „Skalamo“ freigeschaltet: Sie hat einen neuen, genialen Zählmodus, der die Risikozocker endlich abstraft.

Inzwischen ist der Deutsche Skatverband dem Trend gefolgt. Die Skatspieler kooperieren mit dem Spieleanbieter „Gameduell“. Dieser richtet jedes Jahr ein Riesenturnier mit über 400.000 Euro Preisgeld aus. Die Ausscheidungen laufen das ganze Jahr über im Netz. Zum großen Finale treffen sich dann die Allerbesten leibhaftig in Berlin.

Thomas Kinback lässt sich auch von der Konkurrenz im Internet nicht beeindrucken. 2014 siegte er bei Skat-Weltmeisterschaft – und zwar online.